Moorkultivierungspläne

Dass auch die großen Moorflächen unserer Gemeinde kultiviert worden sind, ja, dass es in unserem Gemeindebereich heutzutage gar kein richtiges Moor mehr gibt, wenn man vielleicht von einigen kleinen, vergessenen Flächen absieht, das ist uns selbstverständlich. Wenn man noch vor einigen Jahrzehnten gesagt hätte, dass unsere Kinder einmal Schulwanderungen würden machen müssen, um überhaupt Moor im ursprünglichen Zustand sehen zu können, so wäre man ausgelacht worden. Und doch ist es so gekommen.

Schon der Fürstbischof Maximilian Franz, ein Sohn der Kaiserin Maria Theresia, gründete im 18. Jahrhundert 14 emsländische Moorkolonien an der münstersch-holländischen Grenze, um diese zu sichern. Es handelte sich demnach um militärisch wichtige Stützpunkte. Doch auch einen Gesamtplan für eine umfassende Moorkultivierung hat es ab 1795 bereits gegeben. Häufiger Thronwechsel auf dem bischöflichen Stuhl zu Münster, Mangel an Geld, aber auch bewusste Verzögerungen haben dazu beigetragen, dass nicht schon damals intensiver eine Kultivierung betrieben worden ist.

Die großen Moorflächen machen Groß Fullen flächenmäßig zu einer der größten Gemeinden des Kirchspiels Meppen. Der Gemeindebezirk erstreckte sich bis an die holländische Grenze und wurde erst durch die Gründung von Schöninghsdorf (Der Verlagsbuchhändler Ferdinand Schöningh aus Paderborn kaufte zusammen mit seinem Bruder, dem Hauptmann Eduard Schöningh, 1872 von den Fullener Bauern die Moorgerechtigkeit zwischen Hebelermeer und Twist in einer Tiefe von 2,5 km endlang der holländischen Grenze (etwa 1.500 ha). In diesem Gebiet entstand 1875 durch die Tatkraft des Hauptmanns und mit Unterstützung vieler Bauern "Schöningh sien dörp" = Schöninghsdorf) und den Verkauf von 400 ha Moor östlich des Süd-Nord-Kanals an die Provinz Hannover (Provinzialmoor) im Jahre 1888 verkleinert (an dem Entschluss, Land und Siedlung Provinzialmoor anzulegen (westlich von Groß Fullen), hat entscheidend der Abgeordnete des Emslandes im Provinziallandtag Ludwig Windthorst beigetragen).

Schon diese Tatsachen zeigen, dass Groß Fullen immer wieder einen besonderen Beitrag zur Moorkultivierung geleistet hat. So ist es auch nicht verwunderlich, wenn Diepenbrock (Seite 591) den Anstoß zur endgültigen und umfassenden Moorkultivierung vom Fullener Raum ausgehen lässt. Er schreibt: "Am Saume des Moores, in der Gegend zwischen Rühle und Fullen trug ein ausgestoßener Heuersmann, Herm Eilers, eine Plaggenhütte zusammen in der Hoffnung, hier unbemerkt ein friedliches Obdach zu finden. Die misstrauischen Nachbarn wollten den Vertriebenen daselbst nicht dulden, rissen seine Hütte nieder und bannten ihn aus der Gegend. Der Verfolgte entwich aus den feindseligen Grenzen tief in die Moorwüste hinein, um auf dem zwischen Münster und Holland streitigen Grenzboden - Twist genannt - mit Sicherheit eine Erdhütte wieder aufzubauen, wo die Höhe des Grünlandes ihn gegen Wasser und die Entfernung von einigen Stunden gegen nachbarliche Unduldsamkeit in Schutz nehmen würden. Allein er hatte sich geirrt, denn auch hierher verfolgten ihn seine Widersacher, zerstörten wiederholt den mühsamen Neubau und nötigten ihn abermals zum Entweichen." Herm Eilers wandte sich in seiner Not an den Gerichtsschreiber Mulert in Meppen, der ihn nach Münster zum Geheimrat Münstermann schickte. Ihm erzählte er auch von den endlosen, ungenutzten Flächen, auf welchen außer ihm noch tausend und abertausend Menschen bequemes Fortkommen finden könnten. Eine Kommission wurde eingesetzt, die staunend die gewaltigen Räume sah und gleichzeitig bemerkte, was die holländischen Nachbarn aus ihrem Moor bereits gemacht hatten. Der Kommissionsbericht führte zu ersten Ansiedlungen, die man sich gar nicht dürftig genug vorstellen kann: eine mit Grassoden gedeckte, tief heruntergezogene Kate inmitten der weiten, feuchtnassen, von schmutziggrauen Tümpeln übersäten Gegend, die mit allerlei seltsamem Getier bevölkert ist. Der Qualm des Moorbrennens verriet bald, dass hier neues Ackerland entstand, aber auch, dass es viel Mühe und Plackerei kostete, ehe man dem Boden das zum Leben Notwendige entreißen konnte. So waren die Kolonien immer wieder auf das Wohlwollen der politischen Herrschaft angewiesen, die in den folgenden Jahrhunderten viele Male wechselte.


Aus den Emsland-Veröffentlichungen von Eugen Kotte.

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