Geschichte kirchlicher Gebäude in Fullen

Die Schulchronik von Klein Fullen nennt bereits für das 15. Jahrhundert eine der heiligen Margarete geweihte Kapelle und beruft sich auf eine Glockeninschrift: "Margarite ik hete, de Fullener leten mi gitn. - Jurianus anno domini 1453" (Margarete heiße ich, die Fullener ließen mich gießen - Jurianus. Die genaue Bedeutung von "Jurianus" ist nicht bekannt. Jurianus ist ein niederländischer Vorname; evtl. also der Name des Glockengießers bzw. der Glockengießer-Firma). Zweifellos handelt es sich um ein Versehen des Chronisten, der den Kapellennamen mit dem Namen der Heiligen gleichsetzt, der die Glocke gewidmet ist. Dennoch ist interessant, dass es 1453 offenbar in Fullen bereits eine Kirchenglocke gegeben hat. Sie kann zu einer Kapelle gehört haben, setzt aber zumindest das Vorhandensein eines Glockenturmes voraus, woraus dann später eine sogenannte "Turmschule" entstand, d. h. Unterrichtsräume, an welche ein durch eine hölzerne Trennwand abgegrenzter Chorraum anschloss. Öffnete man die Klappen der Holzwand, so konnte der Schulraum zu einer kleinen Kapelle (vermutlich mit Altar, wie es etwa in Lindloh der Fall war) erweitert werden. Zwei Rundbogenfester befanden sich auf jeder Seite, die nördlichen wurden 1810 zugemauert, dafür die nach Süden gelegenen verdoppelt. Die im Unterrichtsraum aufgestellten Sitzbänke (Schreibpulte gab es nur vier!) konnten auch als Kirchenbänke verwendet werden. Gottesdienst war, wie die Schulchronik bezeugt, von Zeit zu Zeit, täglich jedoch in der Fastenzeit. Dabei handelte es sich um Betstunden, die die Klein Fullener ohne Priester abhielten; nicht auszuschließen ist aber, dass dort auch die heilige Messe gefeiert worden ist, wenn ein Priester vorhanden war oder eine besondere Situation es nötig machte.

Diese alte, häufig veränderte Dorfschule ist 1972 ohne viel Aufhebens abgerissen worden. 1987 kam dann ein neuer Glockenturm, in welchem die letzte Glocke aus der alten Dorfschule, die den Abbruch überlebt hat und auf dem Werkhof in Meppen wiedergefunden wurde, ihren neuen Platz fand. Ihre Inschrift lautet: "1853 gegossen in Lohne W. Rinker, Elberfeld".

1651 wird wiederum eine Kapelle in Fullen erwähnt. Ob es sich um das gleiche Gebäude handelt, ist nicht mit Sicherheit zu sagen, weil man den Standort der Georgskapelle nicht kennt. Die später genannte Kapelle hat an der Stelle der alten Pfarrkirche gestanden, wie Knochenfunde beweisen, die bei Ausschachtungsarbeiten zur Erweiterung der Kirche im Jahre 1912 gefunden wurden und von den im Jahre 1666 an der Pest Verstorbenen herrühren. Die Toten waren damals (vielleicht wegen der Ansteckungsgefahr) an der Kapelle beerdigt worden, obwohl sie eigentlich auf den Friedhof der Pfarrgemeinde in Meppen gehörten.

1820 ist an der Stelle der alten Gemeindekapelle eine größere dem heiligen Vincenz geweihte Holzkirche errichtet worden, die am 26.05.1853 durch Blitzschlag zerstört wurde. Propst Bödiker berichtet in einem Brief an die bischöfliche Behörde davon: Nachmittags um 6 Uhr, als der Küster gerade in der Sakristei zu tun gehabt habe, sei der Blitz eingeschlagen. Wegen der schnellen Hilfe wurde das meiste Kirchengerät gerettet, überraschend auch die beiden Glocken, die offenbar in dem einstürzenden Turm sehr glücklich gefallen waren. Nur etwa ein Fünftel des Gebäudes blieb stehen; die Reste wurden abgerissen. Der Gottesdienst musste in der Schule stattfinden. Aber man ging sofort daran, ein neues Kirchengebäude zu bauen. In diesem Zusammenhang wird zum ersten Mal von der Mitbenutzung der Kirche durch Versen gesprochen (Schreiben des Pfarrers Schulte aus Wesuwe vom 14.7.1853 im Diözesanarchiv Osnabrück und Actum vom 28.7.1853 im Diözesanarchiv Osnabrück). Schon im gleichen Jahr konnte eine Kirche aus Stein ausgeführt werden. Schon am 11.11.1853 bittet der Fullener Ortsgeistliche Pater Kupers um die Genehmigung zur Einweihung, die Dechant Buß aus Haselünne am 17.12.1853 im Auftrage des Osnabrücker Bischofs vornimmt. Wie viele Kirchen und öffentlichen Gebäude in dieser Zeit wurde sie durch den herzoglich-arenbergischen Hofarchitekten Johann Niehaus aus Haselünne errichtet. Dieses Gebäude im einfachen neuklassizistischen Stil war dem heiligen Vincentius geweiht. Bereits 1898 wird zum ersten Mal von einem Erweiterungs- oder gar Neubau der Fullener Kirche gesprochen, die inzwischen zu klein geworden ist. Man errichtet sogar einen Geldfond dafür. Aber erst im Jahre 1912 bekommt der münstersche Architekt Sunder-Plaßmann den Auftrag, eine Erweiterung zu planen. Chor und Sakristei sollen nach Osten angebaut werden, die Kirche wird damit um 7 Meter länger. Der Kostenvoranschlag beläuft sich auf 6.000 Mark, die Ausführung erhält Zimmermeister Einspanier aus Wesuwe. Auf den Tag genau 5 Jahre nach der Pfarrgründung wird am 1.11.1912 der Erweiterungsbau eingeweiht. 1913 erfolgt die Ausmalung der ganzen Kirche nach Plänen des Dommalers Schelle und im gleichen Jahre wird aus der Gemeinde die Turmuhr gestiftet. Erst nach dem ersten Weltkrieg und nach der Inflation wird der Ausbau vervollständigt: Statt der zwei im Krieg abgelieferten Glocken erhält die Gemeinde drei neue. Sie werden von der Firma Petit und Gebrüder Edelbrock in Gescher/Westf. hergestellt und am Pfingsttag eingeweiht.

Die Marienglocke trägt die Inschrift:

Als Mutter dich erzeige,
Zum Vater führ' uns weise,
Daß Deinen Sohn wir loben,
Dereinst im Himmel droben.

Die Josefsglocke bittet:

Lehr', Josef, uns im Leben
Nach Jesu Beispiel streben!

Die dritte Glocke ruft den heiligen Vincentius an:

Hilf von den Fesseln der Sünde
Uns frei zu machen, St. Vinzenz!
Daß der gütige Gott Sieg uns gebe und Lohn.

Auch die neue elektrische Beleuchtung konnte Pfarrer Stratmann am 1. Weihnachtstag 1927 noch erleben. Am Neujahrstag 1928 ist er gestorben.

Diese Kirche wurde 1971 abgerissen. Hier ein Bild von einer alten Postkarte:


Schon zur Zeit von Pfarrer Kohne hat es erste Pläne über eine Renovierung der alten bzw. für einen Kirchenneubau gegeben. Er ist nötig, weil die alte Kirche zu klein ist (mehr als 1.200 Gläubige) und baulich nicht mehr den Ansprüchen genügen kann. Das ist auch der Grund, weswegen ein Umbau der alten Kirche nicht ernsthaft geplant worden ist. Pfarrer und Kirchenvorstand sowie eine große Anzahl interessierter Gemeindeangehöriger haben immer wieder miteinander über einen Neubau diskutiert, bis man sich 1968 endgültig auf den Plan des Architektenteams von Hausen/Rave in Münster einigte. Dieser Neubau wurde schon 1970 weitgehend von heimischen Handwerkern fertiggestellt und am 5.2.1971 von Bischof Helmut Hermann Wittler eingeweiht. Die modern gestaltete Kirche ist eher den neuen liturgischen Gegebenheiten als dem Orts- und Landschaftsbild angepasst und war in ihrer Art nicht unumstritten, wenn auch die Pfarrmitglieder sich inzwischen daran gewöhnt haben.

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