Geschichten um den alten Fullener Kirchweg nach Meppen

Jahrhundertelang mussten die Bewohner der beiden Bauerschaften Fullen zu Fuß nach Meppen zur Kirche gehen. Der Weg führte durch die Marschwiesen am Esterhof vorbei ins Esterfeld und ins engere Emstal. Die Fähre (später durch eine Brücke ersetzt) brachte die Kirchgänger über die Ems, ehe man durch die Merschporte das Stadtgebiet betreten und direkt über den Domhof zur Kirche gelangen konnte. Dieser Kirchweg ist trotz der Regulierungsmaßnahmen in den Marschwiesen an vielen Stellen noch deutlich zu erkennen und durch einige markante Punkte gekennzeichnet.

Am Anfang steht heute gegenüber dem Schulte-Ahlerschen Hof auf dem alten Bovenschen Grundstück das Steinbild von den "Sieben Schmerzen Mariens". Es stammt aus dem jahre 1706 und zeigt die Gottesmutter, deren Herz von sieben Schwertern des Leids durchdrungen wird. Die Inschrift lautet:

O Maria theile die Schmertzen,
lege sie in unsere Hertzen
zu unser Sehlen Heil und Trost!

Anno 1706

Der Bildstock hat ursprünglich am Stationsweg nach Bokeloh gestanden und wurde im Jahre 1840 von einem Meppener Bürger, dessen Name nicht mehr zu ermitteln ist, erworben. Bis 1876 hatte das Bild seinen Platz bei der Brücke an den Marschwiesen, dann wurde es wegen der häufigen Überschwemmungen weiter nach Westen zum Dorf hin aufgestellt. Die Flurbereinigungsarbeiten verdrängten es auch hier, so dass es seit einigen Jahren seinen Platz gegenüber dem Hof Schulte-Ahlers gefunden hat.

Der alte, vielfach gewundene und landschaftlich sehr reizvolle Kirchweg führte nahe am Gehöft Niebuer (heute Bartels) vorüber. Von dort ist er heute bis zum Esterhof asphaltiert. Dieser Hof ist nicht nur durch seine herrliche Lage inmitten alter Eichenbestände, sondern auch durch seine moderne Bewirtschaftung und die neuen Gebäude bekannt. Im Volksmund wird erzählt, ein Schäfer habe durch große Sparsamkeit es so weit gebracht, dass er Heide- und Sandboden habe erwerben und kultivieren können. So sei der Esterhof entstanden.

Urkundlich wird ein Hof de Ezi bereits 890 genannt. Bald entstand eine kleine Siedlung am Ufer der Ems, die ursprünglich hier verlief. Mitte des 15. Jahrhunderts zogen die Bewohner wegen der zunehmenden Gefährdung in die Stadt Meppen. In einem Schreiben aus dem Jahr 1523 heißt es, dass die meisten Bewohner, "als Meppen zur Festung geworden, in die Stadt gezogen, Bürgerrecht und Gerechtigkeit erworben". Damals blieb nur der Bauer auf dem Esterhof in dem zwischen Meppen und Fullen gelegenen Land wohnen, das heute zur Gemeinde Groß Fullen gehört.

Gegenüber dem Esterhof biegt der Fullener Kirchweg nach links ab und führt durch die Tannen des Esterfeldes in das heutige Emstal hinunter. Dabei kommt man noch jetzt durch die alten Emsdünen, von denen aus man früher auf die Stadt Meppen schauen konnte. Hier, wo das Wasser einer kleinen Quelle (so heißt es im Volksmund) den Weg benetzt, ist die Kindsmörderin und Brandstifterin Goose Sienken am 10. April 1807 im Angesichte des Dorfes Groß Fullen hingerichtet worden. Zahlreiche Zuschauer waren herbeigeströmt, um den Tod durch Schwert und Scheiterhaufen, die letzte öffentliche Hinrichtung im Amte Meppen, mitzuerleben.

Goose Sienken, eigentlich Gesina Brink, verheiratet mit Herm Fenslage aus Hebelermeer, stammte aus Versen (hierzu gibt es mittlerweile anderslautende Meinungen). Sie soll eine Schönheit gewesen, aber nicht zuletzt durch den Einfluss ihres Mannes immer mehr auf Abwege geraten sein. Es wird von ihrer Neigung zum Stehlen berichtet. Auch hat sie ihr zweites Kind bald nach der Geburt erwürgt und im Stroh ihres Bettes versteckt. Am 18. Mai 1806 zündete sie, nachdem der gleiche Versuch in Versen fehlgeschlagen war, in Groß Fullen während des Hochamts Ahlers Scheune an (Schulte-Ahlers). Bei dem starken Ostwind breitete sich das Feuer schnell aus, so dass 22 Wohnhäuser und 5 Scheunen den Flammen zum Opfer fielen. Bei der Flucht durch den Roggen wurde Goose Sienken von Rudolf Eilers erkannt, so dass sie verhaftet und verurteilt werden konnte. Über ihren Mann heißt es: "Der Urheber und Teilnehmer ihrer Verbrechen ward auf 30 Jahre zum Zuchthause verdammt, in welchem er später sein schandbares Leben endete (vgl. Diepenbrock, S. 551).

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