Fullener Seelsorger

Solange Fullen als Kapellengemeinde geführt wurde, nahmen in der Regel Geistliche der Mutterpfarre den Gottesdienst wahr, der einmal am Sonntag stattfand. Nur aus der Zeit um 1800 ist ein ständiger Geistlicher in Fullen in der Schulchronik Groß Fullen bezeugt, ein französischer Padre, der wegen der Revolutionswirren nach 1789 aus Frankreich geflüchtet war und ins Exil gehen musste und der in Fullen ein Unterkommen und ein Arbeitsfeld fand. Sein Name ist nicht mehr bekannt, doch hat er bis 1803 in Fullen gewirkt. Im Jahre 1803 erfolgte offiziell die Aufwertung der Kapellengemeinde zu einem Primissariat und es wurde auch der erste ständige Geistliche ernannt.

Pater Fortunatus Kuper (in anderen Quellen auch "Kupers" geschrieben), in Wesuwe geboren, wurde sein Nachfolger für mehr als 50 Jahre. Er hatte in Meppen sein Abitur gemacht und trat in den Minoritenorden ein, den er 1802 freiwillig verließ, um als weltlicher Priester seinen Dienst zu tun. Seine Stelle als Pastor bekam er in der Kapellengemeinde Fullen, die während seiner Zeit zum Primissariat aufgewertet wurde. Pater Kuper ist 1858 in Klein Fullen gestorben, wo er vermutlich im Hause des Bauern Evers gewohnt hat. Er war ein sehr volkstümlicher Seelsorger, der Zulauf aus dem ganzen Emsland hatte, sogar von Reformierten, wie man zu berichten weiß. Sein besonderes Verdienst ist die Errichtung zweier neuer Kapellengebäude, 1820 und (nach Zerstörung durch Blitzschlag) 1853. Um die Bauten finanzieren zu können, war er unermüdlich unterwegs, um durch Kollekten und Aushilfen Mittel zusammenzubringen.

Sogar in den Niederlanden hat er für die Fullener Kapelle um Unterstützung gebeten. Er war Über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt. Bei ihm suchte man "Rat für Leib und Seele, selbst Reformierte aus der Grafschaft Bentheim sprachen vielfach bei ihm vor", so heißt es in der Groß Fullener Schulchronik. Er war ein Volksseelsorger und man nannte ihn "use Paoter". Gebürtig war er aus Wesuwe (1775 geboren), trat in den Minoritenorden ein, den er aber 1802 wegen der Säkularisation wieder verließ, um als weltlicher Geistlicher tätig zu sein. Er hat offensichtlich im Hause des Bauern Evers in Klein Fullen gewohnt und ist auch dort im Hause 1858 gestorben. Auch sein Erbe hat er der Kapellengemeinde zukommen lassen.

Um seinen reichen Nachlass gab es viele Scherereien, angefangen bei persönlichen Umstellungen bis hin zu der juristischen Frage, ob ein Ordensmann denn überhaupt ein Vermögen haben und damit auch vererben dürfe. Pater Fortunatus hatte zu seinen Erben drei Personen eingesetzt: den Schullehrer Evers aus Klein Fullen, der aber beim Tode des Pates schon verstorben war, sein Taufkind Bernhard Köter (andere Schreibweise: Koiter) aus Klein Fullen (Der Bruder von Bernhard Köter ist Pater Norbert Köter. Auch sein Neffe, Gerhard Köter, war Geistlicher), das Geistlicher geworden war, und den Kaplan Keller aus Meppen. Die beiden Geistlichen versuchten (sicherlich nicht ganz uneigennützig), das Erbe im Sinne des Verstorbenen der Kapellengemeinde in Fullen zu erhalten.

Dabei spielte eine wichtige Rolle, dass Bernhard Köter, damals Adjunkt an der Propsteikirche in Meppen, vom dortigen Propst Gelshorn der bischöflichen Behörde als neuer Primissar in Fullen vorgeschlagen wurde, wobei deutlich gesagt wurde, dass sein Erbe zur wirtschaftlichen Verbesserung der Gemeinde würde beitragen können. Obwohl noch ein anderer Bewerber vorhanden war, wurde denn auch Bernhard Köter Nachfolger des verstorbenen Paters. Er beginnt sehr schnell, sein Erbe gegenüber der bischöflichen Behörde in Osnabrück zu nutzen, indem er dem Fullener Primissariat mehr Rechte und damit mehr Selbständigkeit zu verschaffen versucht: "Der Herr Primissar Kupers hat dem ergebenst Unterzeichneten oft den Wunsch ausgesprochen, das Primissariat zu einem selbständigen Beneficium erhoben zu sehen und beabsichtigte, dass sein Vermögen zur Realisierung jenes Wunsches dienen solle." Köter will auch den anderen Erben, den Kaplan Keller, überreden, sein Erbteil in Fullen einzubringen und er nennt noch weitere Gründe, die eine größere Selbständigkeit des Fullener Kirchenbezirks begründen sollen: Er verweist auf die große Seelenzahl (damals 700) und auf die Größe des Gemeindebezirks: die beiden Dörfer Groß und Klein Fullen, sowie die Kolonie Tuntel. Dann fügt er an, und man merkt seine Absicht sehr deutlich: "Dazu kommt, dass die Gemeinde Versen nebst der Kolonie Neuversen mit einer Seelenzahl von 300 Einwohnern vom Hochwürdigsten Generalvikariate die Erlaubnis erhalten hat, ihren Frühgottesdienst hier in Fullen abhalten zu dürfen.

Köter möchte also sein für damalige Verhältnisse reiches Erbe einsetzen, wenn der bischöfliche Stuhl dem Primissariat mehr Rechte zubilligt und es in den Status eines "selbständigen Beneficiums" erhebt. Diese Stellung ist offenbar nicht eindeutig zu definieren. Köter sagt selbst, dass er keine selbständige Pfarrei anstrebt, "weil ich befürchte, bei der Errichtung einer solchen auf mancherlei Schwierigkeiten zu stoßen in Bezug auf die Pfarre Meppen." (Schreiben vom 14.4.1860, Diözesanarchiv Osnabrück). Andererseits macht er deutlich, dass das Beneficium sehr viel unabhängiger sein soll als ein Primissariat.

Das Generalvikariat in Osnabrück scheint nicht ganz ohne Bedenken reagiert zu haben: Fragen wurden gestellt, Untersuchungen angeordnet. Einerseits wollte man sicherlich - verständlicherweise - das Vermögen erhalten und dadurch zu einer finanziellen Absicherung der Fullener Kirche beitragen, andererseits wusste man, dass der Fullener Ortsgeistliche mit seinen Vorstellungen nicht ganz unumstritten war: Er wurde z. B. aus der Gemeinde heraus in Osnabrück angeschwärzt, so dass der Propst in Meppen eingreifen musste. Das Ergebnis aller Diskussionen war: Fullen blieb Primissariat; das Erbe fiel, soweit bekannt, dennoch der Kapellengemeinde zu (Schreiben vom 10.1.1896, Diözesanarchiv Osnabrück).

Die Fullener Kirche war damals durchaus gut dotiert (Schreiben vom 26.1.1860, Diözesanarchiv Osnabrück). Der Ortsgeistliche hatte freies Wohnen, einen Garten und 2 1/2 Morgen Land zur Bewirtschaftung, sowie ein Viertel Erbe in der Groß Fullener und in der Klein Fullener Mark. Die Gemeinde musste die Wohnung "in einem anständigen Zustand" halten und der Geistliche durfte die Stolgebühren kassieren. An die Mutterpfarrei mussten gezahlt werden: 120 Taler (jährlich am 24.11. fällig) und 24 Maße Roggen.

Primissar Köter war 45 Jahre in Fullen tätig. Als er 1893 starb, konnte die Stelle wegen Priestermangels nicht sogleich wieder besetzt werden, obwohl der Propst in Meppen dringend um eine baldige Besetzung bat, "weil die dortigen jungen Leute zu den genusssüchtigsten ... gehören." Zwei Jahre lang nahm der Präzeptor des Meppener Konviktes Heinrich Stratmann an den Sonn- und Feiertagen die gottesdienstlichen Handlungen vor. Dann wurde Pastor Andreas Dreyer 1895 als Primissar eingeführt. Er war vorher Vikar in Börger und Pastor in Rulle gewesen, ehe er - schon leicht erkrankt - als Geistlicher nach Fullen kam. Er führte im Jahre 1897 die 2. regelmäßige Messe in Fullen ein. Er starb 1905, schon nach 10 Jahren Tätigkeit, weil er sich als Seelsorger zu wenig geschont hatte. Sein Nachfolger wurde als erster Pfarrer von Fullen sein Vorgänger, der schon erwähnte ehemalige Präzeptor Heinrich Stratmann, der zwischenzeitlich in Dersum tätig gewesen war, ein Mann, der wegen seiner Gewissenhaftigkeit und wegen seines unermüdlichen Einsatzes zeitweise nervlich anfällig war. Er kam gebürtig aus Osnabrück (1866 geboren), machte bereits mit 17 Jahren sein Abitur, studierte anfangs Philologie, dann Theologie, wurde 1889 geweiht und starb am Neujahrstag 1928 in Groß Fullen, wo er auf dem Pfarrfriedhof begraben liegt. In der Groß Fullener Schulchronik heißt es: "Annähernd 25 Jahre hat er in unserer Pfarrgemeinde gewirkt und Freud und Leid mit ihr geteilt ... Die apostolische Liebe, die ihn beseelte, ließ ihm keinen Weg zu weit, keine Mühe zu groß, keine Arbeit zu gering erscheinen." In seiner Zeit vollzog sich die endgültige Selbständigkeit der Pfarrgemeinde Fullen. Seit dem 1. November 1907 war der Primissar Heinrich Stratmann der erste Pfarrer von Fullen. Hier sein "Grab" auf dem Fullener Friedhof.

Für einige Monate wurde die Gemeinde von Pfarrer Strotmeyer aus Wesuwe (Verwaltung) und Vikar Krämer bzw. Maristenpater Behnen aus Meppen (Seelsorge) versorgt, ehe Pfarrer Clemens Riedemann (1928 - 1941), bisher in Werpeloh im Amt, nach Fullen versetzt wurde. Er war ein Mann von Grundsätzen. Unerschütterlich und kompromisslos, sicher auch eigensinnig, hat er zu allen Zeiten, besonders aber in der NS-Zeit, sein Amt versehen. 1940 wird er als Pfarrer nach Vinnen versetzt, ein wohl nicht mehr vermeidbares Zugeständnis des Bischofs an die Nationalsozialisten, um Schlimmeres zu verhüten, das auch die Person des Pfarrers betreffen konnte. Er ließ 1935 die neue Orgel anschaffen.

Ihm folgte Heinrich Hemelt, vorher Pastor von Schöninghsdorf. 15 Jahre lang hat er die Stelle wahrgenommen, in den letzten Kriegsjahren und in der Nachkriegszeit. Erst 1957 gibt der Bischof seinen dringenden Bitten, ihn zu pensionieren, nach und Pastor Hemelt verzog nach Salzbergen. Für Pfarrer Hemelt war es schwer, mit den neuen Vorstellungen in seiner Zeit zurechtzukommen. Er hat es in Fullen sicher nicht leicht gehabt, aber er hat es sich auch nicht leicht gemacht. Manchem hat er seine innere Not geklagt, wenn er hilflos mit ansehen musste, wie das, was er für richtig gehalten hatte, jetzt so ganz anders gehandhabt wurde. So kam ihm seine Pensionierung wie eine Erlösung vor.

Von St. Annen bei Melle wurde noch im gleichen Jahr Pfarrer Hermann Kohne nach Fullen versetzt. Pfarrer Kohne war ein sehr volkstümlicher Geistlicher, weil er mit seiner sachlichen resoluten Art überzeugen konnte. Pfarrer Kohne war es auch, der das bisher erhobene Platzgeld abschaffte (in alten Kirchenbänken auch heute noch durch kleine Messing- oder Emailleschildchen mit Namensaufdruck nachzuweisen). Nur gut 3 Jahre konnte er, der bei seinem Amtsantritt schon erkrankt war, seinen Dienst ausüben. Er starb 1960 und wurde wunschgemäß auf dem Pfarrfriedhof beerdigt, dessen Neugestaltung sein Werk ist. Hier sein "Grab".

Nach einer kurzen Übergangszeit, in der Pfarrverweser Thiemann von der Propsteigemeinde Meppen die Pfarrei verwaltete, kam der gebürtig aus Nordlohne bei Lingen stammende Pfarrer Josef Kaupel nach Fullen. Er war zuvor Kaplan in Merzen und Pfarrer in Borsum, Bockhorst und Neubörger gewesen. Ein Jahr, nachdem er sein 40jähriges Priesterjubiläum in Fullen gefeiert hatte, ging er in den Ruhestand. Fast 17 Jahre (von 1960 bis 1977) stand er der Gemeinde vor. Wer ihn gekannt hat, weiß, was es heißt, wenn man von ihm sagt: An seiner Art haben sich die Gemüter entzündet. Der Ausbau des Pfarrzentrums (neue Kirche, Leichenhalle, Pfarrhaus) ist mit seinem Namen verbunden. Er starb 1987 in Rhede, wo er die letzten Jahre seines Lebensabends verbrachte. Viele Fullener haben ihm das letzte Geleit gegeben. Hier sein Foto:


Nicht Pfarrer in Fullen, aber sehr mit Fullen verbunden, war Pfarrer Gerhard Steffens. Dieser wurde am 28.07.1904 in Klein Fullen geboren, erhielt am 15.08.1933 in Osnabrück die Priesterweihe, war dann Kaplan in Fürtenau, Egermühlen und Aschendorf, bevor er von 1937 bis 1959 Pastor in Bredenberg und Altenberge war. Von 1959 - 1973 war er Pfarrer in Vrees. Seit 1973 lebte er als pensionierter Pfarrer in Groß Fullen und ist am 16.10.1980 in Meppen gestorben. Beerdigt wurde er in Groß Fullen. Hier sein Foto:


Seit dem 5.3.1977 war Pfarrer Paul Dalhaus aus Emsbüren in Fullen im Amt. Er war zuvor Kaplan in Börger, Alfhausen und Bawinkel und Pastor in Rühlermoor. Neben dem weiteren Ausbau des Pfarrzentrums (1979 wurde der Glockenturm errichtet, am 12.05.1991 das Pfarrgemeindehaus von Bischof Dr. Ludwig Aldekamp feierlich eingeweiht) hat er es stets als seine Aufgabe angesehen, die beiden Teile der Pfarrgemeinde, die 1974 zusammengefügt wurden, zu einer Einheit zu verschmelzen, damit es nicht nur auf dem Papier eine St.-Vinzentius-Gemeinde Fullen-Versen gibt. Er verstarb am 26.04.2000 nach dreijähriger Krankheit und wurde auf dem Fullener Friedhof beerdigt. Hier sein "Grab". Fullen-Versen wurde danach dem Gemeindeverbund Meppen-West zugeordnet. Ein Gedenkstein am "Wegekreuz" auf der Grenze zwischen Fullen und Versen erinnert an Pastor Dahlhaus.

Nachfolger wurde ab dem 01.04.2000 Pfarrer Reinhard Potts, der diese Aufgabe bis April 2002 wahrnahm. Nach einigen Monaten Vakanz kam zum 01.08.2002 der jetzige Pfarrer Hubertus Goldbeck.

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